APohlke

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13 years ago @ webMoritz.de - Kontroverse um Latinum... · 0 replies · -1 points

Daß für einen (von bundesweit mindestens einem Dutzend) Anbietern von Lateincrashkursen für genau einen in dem Artikel ausführlich Werbung gemacht wird - nun gut, vielleicht kannte der Autor nur diesen einen Anbieter. Daß dann Hinweise auf andere Anbieter zensiert werden mit der Begründung, der Hinweis sei Werbung - das finde ich dreist. Man kann sehr wohl auch neutral von "Lateincrashkursen privater Anbieter" reden und den Studirenden, die sich dafür interessieren, die Internetrecherche überlassen, wenn einem Werbefreiheit wichtig ist. Wenn man sich aber für Namensnennung entschieden hat, sollte gleiches Recht für alle gelten.

Zum Vorwurf der "Kommerzialität" - die Dozenten an der Universität arbeiten auch nicht aus purer Menschenfreundlichkeit ohne Gehalt, sondern werden von uns Steurzahlern für ihre Arbeit bezahlt (oft allerdings nicht besodners gut, wie zu ihrer Ehrenrettung gesagt werden muß). Ich würde mich übrigens dem Ratschlag, statt Universitätskurse private Kurse zu bevorzugen in der allgemeinen Form auch nicht anschließen. Die Universitätskurse sind ein wichtiger Bestandteil des Lateinerwerbs. Es wäre äußerst wünschenswert, wenn sie alle Bedürfnisse der Studenten abdecken würden. Daß es ein breites Angebot privater Kurse gibt, zeigt aber, daß genau dies den Universitäten nicht immer gelingt. Übrigens sind die Teilnehmer solcher Kurse meistens keineswegs die "Besserverdienenden", sondern sehr häufig Stundenten, die sich die Kursgebühr sehr hart selbst erarbeitet haben. Sie würden diesen für sie oft sehr schmerzlichen Aufwand an Geld und - was manchmal fast noch schwerer wiegt - Zeit kaum opfern, wenn die Universitätskurse ihre Bedürfnisse angemessen abdecken würden. Dies gelingt aber den Universitäten aus verschiedenen Gründen nicht immer. So gibt es sehr, sehr wenige Universitäten, die vergleichbare Crashkurse in den Semesterferien überhaupt anbieten, Sprachkurse der Universitäten sind fast immer semesterbegleitend. Pädagogisch kann man für und gegen Crashkurse argumentieren, das Kernproblem ist aber, daß manche Studierende semesterbegleitende Sprachkurse in ihrer Arbeitsorganisation nicht einbauen können. Manchem liegt die Arbeitsform eines Crashkurses einfach mehr, für andere stellen semesterbegleitende Sprachkurse unüberwindliche organisatorische Hürden dar, z.B. durch die Kollision der Kurszeiten mit anderen Studienveranstaltungen. Oft stehen in Universitätskursen (dies gilt jetzt nicht unbedingt spezifisch für Greifswald, sondern ist eher eine allgemeine Erfahrungstatsache) gar nicht genug Plätze zur Verfügung, so daß entweder Teilnehmer abgewiesen werden müssen oder die Kurse sehr voll sind. Durch die neuen Studiengänge ist der Druck auf die Studierenden, die vorgeschriebenen Studienzeiten einzuhalten, immens gewachsen. Ein Jahr länger zu studieren, wenn der Sprachkurs eben dieses Jahr nicht in den Stundenplan paßt, ist heute oft keine Option mehr. Hier gibt es objektive Mängel in den Angeboten vieler Universitäten. Sie sind oft zu unflexibel, nicht ausreichend und zu schwer vereinbar mit den übrigen Studienanforderungen.

Was kommerzielle Anbieter den Universitäten dadurch oft voraus haben, ist eine Serviceorientierung auf die Bedürfnisse der Studenten hin. Diese fehlt an den Universitäten manchmal nicht nur objektiv, sondern auch mental. Studierenden wird an der Universität zumindest manchmal das Gefühl gegeben, daß sie mit ihren Problemen alleine gelassen werden. Sie haben dann den Eindruck, daß man allein ihnen die Schuld für die Probleme mit dem Latein zuschiebt, selbst da, wo handfeste oragnisatorische Probleme vorliegen. Was sich Studenten bei einem kommerziellen Kurs in dieser Situation einkaufen, sind nicht nur Kenntnisse, sondern ist eine Lernsituation, in der sie das Gefühl haben, daß der Dozent ihre Probleme als seine Probleme annimmt und sich für deren Lösung verantwortlich fühlt.

Natürlich findet bei einem Nebeneinander von universitäre und privaten Anbietern auch eine Selektion statt: Wer mit den Angeboten der Universität gut klar kommt, wird nicht zusätzlich Resourcen (Zeit und Geld) in private Angebote investieren. Es stünde den Universitäten gut an, wenn sie also aus der beklagten Situation den Schluß zögen, daß sie sich mehr anstrengen sollten, die Bedürfnisse aller Studierenden besser zu berücksichtigen und so kommerzielle Anbieter weitgehend unnötig zu machen.

13 years ago @ webMoritz.de - Kontroverse um Latinum... · 3 replies · +1 points

Guter Artikel! Ein paar Anmerkungen:

[Edit Moderation: Werbung]

(Womit wohl auch erklärt ist, warum ich mit dem Thema relativ viel Erfahrung habe.)

- Eine Möglichkeit, die der Universität durchaus offen stünde (auch wenn dies natürlich schwieriger ist, wenn die Latinumspflicht nicht einfach auf Grudn der Studienordnung, sondern des Landeshochschulgesetzes besteht), wird gar nicht in Betracht gezogen: Daß statt des Latinums ein unversitätsinterner Sprachnachweis gefordert wird. Das Schlimmste am Latinum ist gar nicht, daß es so furchtbar schwer ist. Schwer ist es sicher auch, aber das eigentlich Schlimme ist der ungeheure Druck durch die maximal drei Prüfungsversuche - und das lebenslang und bundesweit. Bei einem uniinternen Sprachnachweis könnte diese Begrenzung fallen. Studenten würden sich eher in die Prüfung trauen, manche würden es schneller schaffen, die schiere Angst, die Vielen das Bestehen des Latinums so schwer macht, wäre viel, viel kleiner, weil man schlimmstenfalls ein halbes Jahr verliert und nicht ein ganzes Studium. Eine solche Lösung wäre ein fairer Kompromiss zwischen der durchaus gerechtfertigten Ansicht, daß Latein für das Geschichtsstudium doch öfters noch wichtig sein kann und dem Wunsch der Studenten, wegen einer oft nur begrenzt nützlichen Sprache ihren Berufswunsch aufgeben zu müssen. Gerade mittelalterliche Quellen liegen sehr häufig nicht übersetzt vor, Latein für Historiker ist also durchaus nicht unsinnig, andererseits muß ein Lateinnachweis ja nicht immer gleich das mit formalen Hürden gespickte Latinum sein.

- Die Aussage, man solle von einer Prüfung an der Schule oder in anderen Bundesländern Abstand nehmen, weil man nicht wisse, womit man da konfrontiert würde, ist grob falsch. Da das Latinum durch eine KMK-Vereinbarung geregelt ist, hat man hier sehr große Sicherheit hinsichtlich dessen, was genau verlangt wird und wie es bewertet wird. Aus der KMK-Vereinbarung: "Mit der Zuerkennung des Latinums wird die Fähigkeit bestätigt, lateinische Originaltexte im sprachlichen Schwierigkeitsgrad inhaltlich anspruchsvollerer Stellen (bezogen auf Bereiche der politischen Rede, der Philosophie und der Historiographie) in Inhalt, Aufbau und Aussage zu erfassen." (Vollständiger Text zum Download: http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuell... Wenn einem da in der Prüfung Ovid vorgelegt wird, sollte man dagegen klagen können. Im übrigen erteilen die zuständigen Schulbehörden bzw. Prüfungskommissionen in der Regel auch gerne Auskunft zu den üblichen Anforderungen (für Studenten aus Greifswald wäre in der Regel das Schulamt Greifswald zuständig). In vielen Bundesländern (aber nicht allen!) ist z.B. eine Einschränkung auf Cicero üblich. Gerade die staatlichen Prüfungen sind in dieser Hinsicht sehr stark normiert, vielleicht wäre es gut, wenn sich die Universität in ihren Vorbereitungen daran orientieren würde, statt Studenten den Weg zur staatlichen Prüfung unnötig zu verbauen. Es ist erfreulich, wenn die Uni Greifswald selbst prüft, aber je mehr Alternativen eine Student hat, desto besser, schon aus rein organisatorischen Gründen.